Sascha Rauschenberger
(Kommentar)
Der Autor H. Joseph Fleming ist ein profunder Kenner Russlands, seines Militärs sowie der russischen Verteidigungspolitik und bietet gern Perspektiven an, die so im Westen nicht gern veröffentlicht werden. Wer einen Gegner bekämpfen will, oder auch mit ihm verhandeln will oder muss(!), der sollte diesen Gegner auch verstehen. Seine Ambitionen, sein Denken, seine Geschichte, seine Werte/Traditionen und seine Gefühle. Nur so ist er letztlich schnell und sicher zu schlagen. Egal ob am Verhandlungstisch oder auf dem Schlachtfeld.
Während die Bundeswehr 2012 den Planungsstab im BMVg aufgelöst hat, gibt es auf russischer, chinesischer und auch amerikanischer Seite ganze Strukturen, die sich ausschließlich mit militärtheoretischen Ansätzen, Zielen und Herangehensweisen beschäftigen. Gern mit Aussen- und Wirtschaftsministerien und deren deren Stäben und Think Tanks abgestimmt und koordiniert.
Es gibt dort auch im Rahmen der Volkswirtschaft Universitätslehrstühle für Militärökonomie, die sich ausschließlich mit wehrwirtschaftlichen Fragestellungen wissenschaftlich(!!) befassen und zum Teil die Grundlagen für eben diese Stäbe liefern.
Hier in Deutschland wird dieser gesamte Denk- und Planungskomplex nicht nur wenig verstanden sondern politischerseits komplett ignoriert.
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Kriege, die ganze Länder zerstörten, aber unter der kritischen Wahrnehmungsschwelle der freien Welt ausuferten…
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In Anlehnung an Clausewitz: Wenn der Krieg die Fortsetzung der Politik mit anderen Mittel ist, dann ist Wirtschaft die Fortsetzung des Krieges mit noch anderen Mitteln, die dann notwendigerweise auch eine neue Iteration in Sachen Politik bedingen, um die Voraussetzungen zu schaffen. Mitunter auch nur deshalb, damit der Wirtschaftskrieg nach außen hin wie eine Art Hilfe, Handreichung oder erhöhte Moralität wirkt. Letzteres ist in demokratischen Strukturen zunehmend wichtig, um Krieg führen zu können (i.e.S. von unbegrenzt führen zu dürfen!). Egal auf welcher Ebene.
Weitere Artikel von Joseph Fleming HIER.
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(Bilder wurden von der Redaktion eingefügt)
Die „Gerassimow-Doktrin“ und ihre Anwendung in der Ukraine
Der Autor dieses Artikels versucht eine objektive Analyse des Themas, kann aber nicht verhindern, dass der Eindruck einer einseitigen Parteinahme entsteht und es ist wichtig zu verstehen „Krieg ist Krieg“.
Interessierten Lesern wird nicht entgangen sein, dass es in der militärischen Führung der russischen Armee, die unmittelbar in die „Spezialoperation“ in der Ukraine eingebunden war, diverse Personalveränderungen gegeben hat. Erst wurde General Surowikin[1] als Oberbefehlshaber eingesetzt und nun kürzlich durch den Chef des russischen Generalstabes, General Waleri Gerassimow (HIER), abgelöst, der seinerseits zum Kommandeur der gemeinsamen Gruppierung der russischen Streitkräfte in der Spezialoperations-Zone ernannt wurde. Werfen wir doch einmal einen Blick hinter die Person Gerassimow.
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Marschall Waleri Wassiljewitsch Gerassimow, seit Januar 2023 Oberbefehlshaber der russischen Truppen in der UKR
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Im Februar 2013 veröffentlichte General Gerassimow an der Academy of Military Sciences seinen Artikel „The Value of Science in Foresight“[2], der übersetzt, in der englischsprachigen Ausgabe der Military Review erschien und seitdem mehrfach nachgedruckt wurde. Wie die Financial Times berichtet, las der Chef des US Marine Corps, Rotbert Neller, Gerassimows Artikel dreimal. Und westliche Experten begannen bald, den Artikel des russischen Generals als Blaupause für zukünftige russische Hybridangriffe gegen den Westen zu analysieren und zu interpretieren. So wurde die hybride Kriegsführung durch die Bemühungen westlicher Militärexperten ein bedrohliches Synonym für die „Gerassimow-Doktrin“.
Es ist aber anzumerken, dass im Artikel Gerassimow ausschliesslich die hybriden und Stellvertreterkriege, die der Westen selbst führt, analysiert hat. Was also steckt hinter der Gerassimow-Doktrin?
Die Gerassimow-Doktrin ist eine Antwort auf die US-amerikanische Doktrin der „Farbigen Revolutionen“, insbesondere auf die Ereignisse des „Arabischen Frühlings“. Nach Ansicht einiger Experten basieren ihre Schlüsselelemente auf den historischen Wurzeln der früheren russischen Militärdoktrin und weisen auffallende Ähnlichkeiten mit den Bestimmungen der 1999 veröffentlichten chinesischen Doktrin des „unbegrenzten Krieges“ auf.
Diese Gerassimow-Doktrin wird als eine Anpassung einer Militärdoktrin an die Realitäten des 21. Jahrhunderts betrachtet.
Im Zentrum steht die Anwendung von nicht-traditionellen militärischen Mitteln und Aktionen, die in der modernen russischen Militärterminologie als „nichtlinear“ bezeichnet werden. Dabei wird als Hauptziel von „nichtlinearen Feindseligkeiten“ die Erlangung von strategischen und geopolitischen Zielen gesehen.
Diese Ziele sind zu erreichen, indem eine breite Palette nichtmilitärischer Methoden und Mittel eingesetzt wird, wie offene und verdeckte Diplomatie, wirtschaftlicher Druck, die Unterstützung der lokalen Bevölkerung gewinnen, nachrichtendienstliche Informationen aus dem Lager des Feindes beschaffen usw.
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Parade auf dem Roten Platz 2021
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Westlichen Analysten zufolge erweitert die Gerassimow-Doktrin das moderne Konzept eines zwischenstaatlichen Konflikts und stellt militärische Operationen auf eine Stufe mit politischen, wirtschaftlichen, informationellen, humanitären und anderen nichtmilitärischen Aktivitäten.
Nach Ansicht einer Reihe von Forschern legten diese Schlüsselelemente der Gerassimow-Doktrin den Grundstein für das russische Konzept eines „Krieges der neuen Generation“. Dieses Konzept wird auch mit den Begriffen „hybrider Krieg“, „symmetrischer Krieg“, „Krieg in der Grauzone“, „geheimer Krieg“, „unausgesprochener Krieg“ oder „ungewöhnlicher Krieg“ beschrieben.
In dieser Art von Konflikt spielen Hacker, Blogger, Trolle, Mörder, Geschäftsleute mit Verbindungen zu politischen Kreisen, Medienleute, die Fakten manipulieren und die öffentliche Meinung für einen bestimmten Zweck manipulieren, im Voraus bezahlte Demonstranten, Strassenschläger keine geringere Rolle als die Instrumente der konventionellen Kriegsführung wie Flugzeuge, Panzer und Artillerie.
Die wichtigste Methode eines hybriden Krieges ist die Schaffung, die Entwicklung und der zielgerichtete Einsatz eines internen konfliktreichen Potenzials im Opferland.
In der Gerassimow-Doktrin heisst es, dass das russische Konzept der modernen Kriegsführung umfassend ist und alle möglichen Methoden umfasst, die von der Durchführung eines Informationskriegs bis zur Möglichkeit des Einsatzes von Atomwaffen reichen.
Die Doktrin sieht ein Verhältnis von nichtmilitärischen und militärischen Operationen im Verhältnis von 4:1 vor.[3]
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Quelle: Fotolia: Eine globalisierte und vernetzte Welt schafft Schnittstellen für Angriffe und Wirkungsmöglichkeiten aller Art.
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Nach Ansicht von US-Militärs stellt die Gerassimow-Doktrin die vollständigste Verkörperung der jüngsten Errungenschaften des russischen Militärdenkens in einer neuen Art der Kriegsführung dar, die die umfassende Nutzung aller Möglichkeiten der nationalen Einflussnahme zur Erzielung strategischer Vorteile[4] demonstriert.
Basierend auf der Idee eines Krieges, die in der russischen Kultur durch den klassischen Roman von Lew Tolstoi „Krieg und Frieden“ beschrieben wurde, verwischt die Gerassimow-Doktrin die Grenzen zwischen den polarisierten Zuständen von „Krieg“ und von „Frieden“ und führt eine gewisse Analogie der westlichen Idee einer „Grauzone“ ein.
Darüber hinaus machen amerikanische Analysten darauf aufmerksam, dass der Einsatz neuer Entwicklungen durch das russische Militär überraschenderweise einige grundlegende Paradigmen der bewaffneten Konfrontation umkehrt, die in den Werken von Karl Clausewitz[5] festgelegt wurden und jahrhundertelang als unerschütterlich galten.
Zum Beispiel ist Clausewitz‘ Definition von Krieg als „Fortsetzung einer Politik mit anderen Mitteln“ im Rahmen der Gerassimow-Doktrin nicht mehr anwendbar, da sie den Krieg nicht als Fortsetzung der Politik, sondern die Politik als Fortsetzung des Krieges betrachtet.
Dabei wird betont, dass eine effektive politische Führung ein breiteres Arsenal nichtmilitärischer Mittel und Methoden einsetzen kann, als wenn ein militärischer Konflikt den Militärs allein überlassen würde.
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Der offene Angriff großer Panzerformationen ist nicht mehr das Hauptelement modernen Kriege, sondern bestenfalls eine abschließende Handlung nach multidimensionaler Vorbereitung…
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Besonders besorgniserregend für westliche Experten ist der offensichtliche Fokus der russischen Gerassimow-Doktrin auf die Ausnutzung der schwachen Glieder westlicher Politik, nämlich das Fokussieren auf das Prinzip der Managemententscheidung, das auf einem System der gegenseitigen Kontrolle basiert.
Hinzu kommt die im Westen übliche wertebasierte Politik, die den analytischen Blick der Entscheider einengt, wenn nicht gar verunmöglicht.
Dadurch sind Entscheidungen ‒ auch militärische ‒ immer erst möglich nach einer langen öffentlichen, medial unterstützten Diskussion und einer umfassenden Koordinierung der Bemühungen aller Beteiligten ‒ wie Aussenministerium, Verteidigungsministerium u.a.[6]
Erschwerend kommt natürlich noch die notwendige Abstimmung mit den westlichen Partnern in NATO und EU hinzu, was aber gleichzeitig auch eine abweichende Position eines oder mehrerer EU-Staaten oder auch einzelner Politiker und Medien erschwert bis verunmöglicht[7].
Das ist im Westen immer dann so, wenn man moralische Kriterien zum Ansatz von Entscheidungen macht.
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Russland hat im UN-Sicherheitsrat ein Veto-Recht, was alle Resolutionen GEGEN Russland de facto unmöglich macht. Ein Umstand, der auch Bestandteil der Doktrin ist.
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Im Gegensatz dazu vereint das russische Regierungsmodell, das auf Gerassimows Ideen basiert, alle Machtinstitutionen mit Autorität organisch zu einem einzigen Ganzen, was die Koordination zwischen den Beteiligten völlig unbelastend und vor allem schnell macht.
Darüber hinaus ist ihr Funktionieren vor einem aussenstehenden Beobachter hinter einem undurchdringlichen Schleier der Geheimhaltung verborgen, da auch innerstaatlich sowohl Politik, Wirtschaft, Sicherheitsbehörden und Militär eng zusammenarbeiten.
Die verfügbaren Werkzeuge nutzen die angewandten Errungenschaften der Theorie des reflexiven Managements, die es den russischen Behörden ermöglichen, zielgerichtet, flexibel und schnell zu handeln, ohne sich besonders von Konventionen wie Legalität, Legitimität usw. ablenken zu lassen.
Kommen wir auf den Krieg in der Ukraine zu sprechen, der m.E. aktuell auf russischer Seite durch und durch von der Gerassimow Doktrin durchdrungen ist, zumal der „Vater dieser Doktrin“ nun selbst an den Hebeln der Macht sitzt. Schon die ersten Tage nach Gerassimows Einsetzung als Oberkommandierender zeigen gravierende Änderungen der Art der russischen militärischen Operationen, was ihnen eine grössere Dynamik und einen grösseren Umfang verleiht.
Auch ist es sicher richtig zu wissen, dass auch die ukrainischen Kommandeure entsprechend der Doktrin von Gerassimow ausgebildet sind und handeln, da zumindest der Oberkommandierende der ukrainischen Armee selbst Lektionen bei Gerassimow besucht hat und nach eigener Aussage, einen „grossen Respekt vor Gerassimow“ hat.
Auf ukrainischer Seite gibt es allerdings einen „kriegsentscheidenden Nachteil“, nämlich dass es zwischen ukrainischer militärischer Führung und dem politischen Regime in Kiew ‒ Selenskij ‒ gewaltige Differenzen hinsichtlich der Führung militärischer Operationen gibt. Fast täglich finden sich dazu Beispiele.[8]
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Konstantin Sivkov, ein militärischer und politischer Analyst, ein vollständiger Akademiker und stellvertretender Präsident der Russischen Akademie für Raketen- und Artilleriewissenschaften, sagte zur Ernennung von Gerassimow als Kommandierenden:
„Die Feindseligkeiten werden schneller werden. Alle Teilstreitkräfte müssen in diese Aufgaben einbezogen werden. Und unter diesen Bedingungen ist mit General Gerassimow die Rolle des Kommandeurs der gemeinsamen militärischen Gruppe genial besetzt, zumal er aufs engste mit der politischen Führung und den notwendigen nachrichtendienstlichen Strukturen auf dem Posten des Generalstabschefs verbunden ist.“
An der Spitze der russischen Truppen in der Zone der militärischen Sonderoperation steht nun der Autor ‒ ja der Urheber ‒ des Konzepts des „hybriden Krieges“.
Die Ernennung des Chefs des russischen Generalstabs Waleri Gerassimow zum Kommandeur der gemeinsamen Gruppierung der Streitkräfte in der Sonderoperation-Zone verursachte eine beispiellose Resonanz unter Militäranalysten der NATO-Länder.
Warum? Weil viele von ihnen mit den wissenschaftlichen Arbeiten des neuen Kommandanten und russischen Generals gut vertraut sind und die sich daraus ergebenden Konsequenzen selbst ableiten können.
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Teil der Doktrin sind auch über Dritte geförderte NGOs / Stiftungen, die via diversen Themen die „feindliche“ Gesellschaft spalten. politischen Einfluss nehmen und/oder das innere Gefüge schwächen, schädigen oder zerstören, um wirtschaftliche, politische und/oder militärische Vorteile zu erlangen.
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Gerassimow schreibt in seinem Artikel:
„Im 21. Jahrhundert gibt es eine Tendenz, die Unterscheidung zwischen Kriegs- und Friedenszuständen zu verwischen. Kriege werden nicht mehr erklärt, und sobald sie begonnen haben, verlaufen sie nicht nach dem bisher üblichen Muster.“
Der General analysierte die Erfahrungen von Konflikten in Nordafrika und im Nahen Osten, einschliesslich derjenigen, die mit Farbrevolutionen zusammenhängen. Weiter: „Natürlich ist es am einfachsten zu sagen, dass die Ereignisse des Arabischen Frühlings kein Krieg sind, also haben wir, das Militär, dort nichts zu studieren. Oder sind diese Ereignisse vielleicht gerade ein typischer Krieg des 21. Jahrhunderts?“
Der General stellte fest, wie sehr die Rolle scheinbar nichtmilitärischer Methoden bei der Erreichung militärischer Ziele zugenommen hat: „In einigen Fällen übersteigt der Einsatz politischer, wirtschaftlicher, informationeller, technologischer Massnahmen, die unter Nutzung des Protestpotenzials der Bevölkerung umgesetzt werden, die Macht der Waffen erheblich.“
Er nannte Beispiele, wie ein Staat, in dem ein Bürgerkrieg sorgfältig, gewissenhaft vorbereitet und entfacht wurde, die sogenannten Friedenstruppen unter dem Vorwand der Verhinderung einer humanitären Katastrophe und zur Krisenbewältigung herbeiruft ‒ natürlich meist unter Nutzung der internationalen Institutionen, wie UN-Sicherheitsrat oder auch der NATO.
Und in der Tat können diese Blauhelmeinsätze die Gewinner sein, die den endgültigen Erfolg in dem Konflikt fixieren. Eine Armee, die den Sieg ohne eigene Verluste errungen hat.[9]
(Anm. d. Red.: Die Doktrin ist von 2013 und daher vor der sog. Revolution in Kiew 2014 zu sehen!)
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Wiki: Maydan in Kiew
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„Dies führt zu legitimen Fragen: Was ist moderne Kriegsführung, worauf sollte die Armee vorbereitet sein, womit sollte sie bewaffnet sein?“, schloss der General. Und er forderte die Wissenschaftler auf, nicht-standardisierte Techniken und Methoden zu entwickeln und umzusetzen, die die Rolle mobiler interspezifischer Gruppen von Truppen erhöhen, die in einem einzigen Aufklärungs- und Informationsraum operieren.
Gleichzeitig wird der ferngesteuerte berührungslose Zusammenstoss mit dem Feind zum Hauptweg, um die Ziele des Kampfes und der Operation zu erreichen. Hieraus ergibt sich eine Priorisierung hinsichtlich des Einsatzes der Luftwaffe, der Raketentruppen und der Artillerie, wie aufmerksame Beobachter im aktuellen Krieg in der Ukraine sicher schon festgestellt haben.
So analysiert Gerassimow in seinem Artikel ausschliesslich die Erfahrungen westlicher Länder in hybriden und Stellvertreterkriegen.
Was könnte dann westliche Militärexperten so sehr erschreckt haben? Vielleicht der Satz des russischen Generals: „Wir sollten nicht versuchen, die Erfahrungen anderer zu kopieren, um zu den führenden Ländern aufschliessen, sondern der Zeit voraus sein und selbst in einer führenden Position sein. Und hier spielt die Militärwissenschaft eine wichtige Rolle.“
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Die nächsten resonanten Aussagen findet man in Waleri Gerassimows Artikel „Peace on the Brinks of War“[10], der im März 2017 im Military-Industrial Courier veröffentlicht wurde.
Ein gutes Beispiel für den Einsatz hybrider Methoden nannte der General den Konflikt in Syrien. Diese Methoden verbanden gleichzeitig traditionelle und nicht-traditionelle Aktionen sowohl militärischer als auch nicht-militärischer Natur. In ihrer ersten Phase verwandelten sich die innersyrischen Widersprüche in bewaffnete Proteste der Opposition.
Dann erhielten sie mit Unterstützung ausländischer Ausbilder und aktiver Informationsunterstützung einen organisierten Charakter. In der Folge traten aus dem Ausland gelieferte und entsandte Terrorgruppen in Konfrontation mit Regierungstruppen.
Gerassimow erwähnte auch die Cyberangriffe von 2015 auf den Iran, durch die Energieanlagen und der Bankensektor lahmgelegt wurden und die Arbeit der Behörden teilweise behindert wurde.
„Hybride Aktionen werden von den Vereinigten Staaten und den NATO-Ländern aktiv in die Praxis auf der internationalen Bühne eingeführt. Dies ist vor allem darauf zurückzuführen, dass diese Handlungsoption nicht unter die Definition von Aggression fällt“, erklärte der General.
In diesem Artikel von 2017 wurden Militärwissenschaftler durch Gerassimow beauftragt, neue Formen der zwischenstaatlichen Konfrontation zu erforschen und effektive Wege zu entwickeln, um ihnen entgegenzuwirken, sowie Szenarien und langfristige Prognosen für die Entwicklung der militärpolitischen und strategischen Situation in den wichtigsten Regionen der Welt zu erstellen.
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Beispiel von gezielt gestreuten Maßnahmen, um den Gegner zu diskeditiere; hier Colin Powell in der UNO, wie er anstatt der Darstellung von Massenvernichtungswaffen im Irak nun als Beweis für die Pipelinesprengung North Stream 1 und 2 Putin präsentiert… Das Bild ging innerhalb von Stunden um die Welt!
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Die Ukraine selbst wird nur in einem Vortrag von Gerassimow erwähnt – auf der Konferenz über die Entwicklung der Militärstrategie am 2. März 2019. Dort sagte er:
„Die Vereinigten Staaten und ihre Verbündeten haben den aggressiven Vektor ihrer Aussenpolitik bestimmt. … Ihr Ziel ist es, die Staatlichkeit unerwünschter Länder zu beseitigen, die Souveränität zu untergraben, die rechtmässig gewählten Organe der Staatsmacht zu verändern. Das war im Irak, in Libyen und in der Ukraine der Fall.“
In diesem Vortrag erwähnte der Generalstabschef zum ersten Mal auch die neue „Strategie für begrenzte Aktionen ausserhalb Russlands“.
„Die syrische Erfahrung mit der Beilegung nach dem Konflikt spielt eine wichtige Rolle bei der Entwicklung der Strategie. … In Syrien hat unser Land [Russland] zum ersten Mal eine neue Form der Nutzung der Formationen der Streitkräfte entwickelt und in der Praxis getestet ‒ eine humanitäre Operation.
In Aleppo und Ost-Ghouta war es notwendig, in kurzer Zeit Massnahmen zu planen und durchzuführen, um Zivilisten aus der Konfliktzone abzuziehen, gleichzeitig mit der Erfüllung von Kampfein-sätzen zur Bekämpfung von Terroristen.
Die in Syrien erzielten Ergebnisse ermöglichten es, aktuelle Forschungsfelder zum Einsatz der Streitkräfte im Rahmen der Erfüllung der Aufgaben des Schutzes und der Förderung nationaler Interessen ausserhalb des Staatsgebiets zu identifizieren.“
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Nach dem Zerfall des Irak tauchte die kurdische Frage auf, sie zusammen mit dem Erstarken des IS den Bürgerkrieg in Syrien (mit)auslösten. Syrien wurde daraufhin das Schlachtfeld diverser Interessen, Mächten und Ansprüchen. Bis dato…
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Jetzt erstellen Militäranalysten der NATO-Länder Prognosen darüber, wie sich die Ernennung von Waleri Gerassimow zum Kommandeur der gemeinsamen Gruppe der russischen Streitkräfte auf den Kurs der Sonderoperation Russlands in der Ukraine auswirken wird.
Laut Reuters-Experten deutet diese Ernennung beispielsweise darauf hin, dass eine breitere Palette von Waffen für Angriffe auf die Streitkräfte der Ukraine verwendet werden wird.
Analysten des in Washington ansässigen Institute for the Study of War sagten: „Putin könnte Gerassimow, den ranghöchsten Offizier des russischen Militärs, ernannt haben, um eine grosse massive Offensive zu führen.“
Basierend auf den obigen Auszügen aus den Artikeln und Reden des Generalstabschefs darf man folgendes annehmen:
Er berechnet im Voraus die Schritte und die Logik des Feindes und berücksichtigt eine Vielzahl von Szenarien. Aber eine genaue Prognose darüber zu treffen, wie genau die Gerassimow-Doktrin in Bezug auf die Ukraine aussehen wird, wird Gerassimow selbst vermutlich niemandem abverlangen; das weiss er selbst am besten!
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Es sollte dabei NIEMALS vergessen werden, dass Russland eine Atommacht ist und die Doktrin auch(!!) den Einsatz von Atomwaffen beinhaltet!
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Fußnoten:
[1] Die Ablösung Surowikin wird von Analysten damit begründet, dass er zwar versucht hat, die kritische Infrastruktur der Ukraine durch gezielte Luftschläge zu zerstören, aber zu sehr auf die Vernichtung der Trafostationen und nicht auf die Zerstörung der Energieanlagen ‒ wie Dampferzeuger und Turbinen ‒ fokussiert war. In einem hybriden Krieg ist die Zerstörung der ganzen Infrastruktur ein entscheidendes Moment, was nun offenbar durch Gerassimow angestrebt wird.
[2] „Der Wert der Wissenschaft in der Vorausschau“
[3] Ein wichtiges Detail, will man die russische Kriegführung in der Ukraine verstehen. Auch dadurch ist es möglich, russische Verluste zu minimieren.
[4] Was in der Öffentlichkeit noch gar nicht auftaucht, ist die historisch bedingte „enge Verzahnung des russischen Auslandsnachrichtendienstes und des Militärgeheimdienstes GRU“ mit ukrainischen Patrioten, was ein taktischer Vorteil im Informationskrieg sein sollte.
[5] Carl Clausewitz (* 1. Juli 1780 in Burg; † 16. November 1831 in Breslau) war ein preussischer Generalmajor, Heeresreformer, Militärwissenschaftler und -ethiker. Clausewitz wurde durch sein unvollendetes Hauptwerk „Vom Kriege“ bekannt, das sich mit der Theorie des Krieges beschäftigt. Seine Theorien über Strategie, Taktik und Philosophie hatten grossen Einfluss auf die Entwicklung des Kriegswesens in allen westlichen Ländern und werden bis heute an Militärakademien gelehrt.
[6] Aktuellstes Beispiel ist das „Gerangel um die Lieferung schwerer Panzer“ in der Allianz des Westens (wobei offen ist, welchen militärischen Wert das haben soll).
[7] Staatsmänner und auch Militärs des Westens schlagen Warnungen gern in den Wind und rennen lieber sehenden Auges in das Unglück, als der Wahrheit eine Chance zu geben.
[8] Dazu gehört auch der gestrige Rücktritt vom Posten des „Beraters des ukrainischen Präsidialamtes“, Aristowitsch, weil er öffentlich verkündet hat, dass der medial verbreitete Einschlag einer russischen Rakete in ein Hochhaus so nicht stimmt, sondern im Zusammenhang mit dem Abschuss dieser Rakete durch die ukrainische Luftabwehr zu sehen ist.
[9] Natürlich gibt es auch andere Beispiele, wo militärische Einsätze zur „Herbeiführung von Demokratie und Freiheit“ durch den Westen verloren gingen ‒ siehe Afghanistan.
[10] „Frieden an den Rändern des Krieges“
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Irakische Soldaten im Schützengraben.
Am Ende läuft es immer drauf hinaus, dass es Menschen gibt, die irgendwo, für irgendwas mit irgendetwas ausgestattet den Kopf hinhalten müssen.
Der US-General George Patton jr. sagte, dass er nicht will, dass seine Soldaten ruhmreich sterben, sondern dass das die Aufgabe des Gegners sei.
In diesem Sinne ist JEDE Militärdoktrin zu sehen, die jemals -wo auch immer! – entwickelt wurde.
Auch:
Ukraine: General a.D. Harald Kujat hinterfragt die Strategie – Rabenspiegel
Bundeswehr und Lambrecht: General Alfons Mais sollte entlassen werden – (nordhessen-journal.de)
Bundeswehr: Innere Führung zur Lachnummer gemacht – Rabenspiegel
Hubschrauberabsturz in Brovary: gescheiterte Notlandung wahrscheinlich – Rabenspiegel
Demokratie auf dem Prüfstand: Der WEF tanzt in Davos – (nordhessen-journal.de)