Autor: Sascha Rauschenberger
Fast täglich werden wir darüber jubelmäßig informiert, dass die Ukraine wieder einmal irgendwo, irgendwas und irgendwie getroffen hat. Dazu ein paar nette Bilder von Rauchwolken oder Explosionen.
Doch hinterfragen wir Anzahl und Art der diversen Artilleriesysteme und schauen auf die 1500km lange Frontlinie, dann relativiert sich das alles recht schnell auf ein Maß, das man schlichtweg als desaströs bezeichnen kann.
Und wenn wir dann auch noch die Munitionsfrage ins Spiel bringen, wird es militärisch zappenduster für die stets siegreiche Ukraine.
Immer wieder betonen wir an dieser Stelle, dass keiner wirklich weiß, was dort passiert. Die Propaganda beider Seiten ist recht fleißig Desinformationen zu streuen und ein jeweils genehmes Bild der Kampfhandlungen zu vermitteln.
Neutrale Staaten samt neutraler Presse versuchen das dann in ein Bild zu bringen, um der Wahrheit auf die Spur zu kommen.
Da man den Westen samt ideologischem Anhang und Mitläufern kaum noch als neutral bezeichnen kann – eher sogar als Kriegsteilnehmer – ist das, was da durch unsere Medienlandschaft flimmert bestenfalls Propagandateilhabe und schlimmstenfalls bewusste Desinformation der Bevölkerung.
Betrachten wir also die Hurra-Meldungen der Ukraine hinsichtlich ihrer Artillerie einmal kritisch…
Ukraine wie Russland haben nach dem Fall der UdSSR unglaubliche Berge an Artilleriemunition geerbt. Mengen, die im Westen niemals so vorgehalten worden waren.
Es handelte sich hier nicht um Millionen von Granaten und Raketen sondern insgesamt um Millionen Tonnen von Munition.
Allein die NVA der DDR hatte hunderttausende Tonnen von Artilleriemunition aller Art in ihren Beständen, die Deutschland teuer sonderentsorgen musste.
Andere Staaten waren da gewinnorientierter aufgestellt und verkauften diese Bestände überall dorthin, wo östliche Waffensysteme hin verkauft worden waren. Afrika war da ein beliebter Markt.
So verkauften zum Beispiel alle neuen NATO-Mitglieder des ehemaligen Warschauer Pakts ihre alte Munition zu Schleuderpreisen und rüsteten auf NATO-Standards um.

D-30 Haubitze 122mm – ein weltweiter Exportschlager der ex-UdSSR
Der Standard an Artillerie hatte im WP die Kaliber 122 und 152mm während die NATO 105 und 155mm hatte.
Bei Panzerkanonen waren das 115 und 125mm gegen 105 und 120mm im Westen.
Selbst bei Handwaffen gab es unterschiedliche Kaliber und damit auch unterschiedliche Munitionsanforderungen.
Das hat nun ernsthafte Folgen…
Der Russe hortete seine Bestände offensichtlich in einem Ausmaß, das im Westen unterschätzt wurde. In unterirdischen und zum Teil atombombensicheren Depots lagerte vermutlich all die Munition, die seit Ende des alten(!) kalten Krieges nicht mehr gebraucht wurde.
Und die Bevorratungsrichtlinien dürfen hier durchaus als fast schon paranoid angesehen werden, da es eine russische Urangst war und ist wieder vom Westen her überfallen zu werden… Napoleon und Hitler waren hier gute Lehrmeister.
Dazu kommt, dass Russland seine Waffensysteme auf Basis der alten Munition weiterentwickelt hat. So dann auch in der Lage ist alte Munition zu nutzen und sie weiter zu produzieren.
Die Ukraine allerdings wurde 2014 bekanntlich durch eine bewusst herbeigeführte „Revolution“ zum Westen hin geöffnet. Gern auch als Waffenmarkt, der dann auch durch Militärberater ausgiebig marketingtechnisch optimiert wurde. Kurz: man begann sich technisch an den Westen zu orientieren und eigene Munitionsproduktionskapazitäten anzupassen.

russische 2S19 M2 152mm PzH
Leider wussten die Russen sehr gut, wo diese Munition produziert wurde und ebneten diese Produktionsstätten gleich zu Anfang des Krieges ein.
Selbstverständlich kann Munition fast überall hergestellt werden, soweit man dorthin Rohstoffe liefern kann und Strom da ist.
Das hat Albert Speer im III. Reich sehr schön vorgemacht, wie eine dezentralisierte und verbunkerte Rüstungsindustrie auch Mitte 45 noch Mengen zu produzieren vermochte, von der die UKR heute nur noch träumen kann. Von dazugehörigen Waffensystemen aller Art bis hin zu Düsenjägern und ballistischen Raketen ganz zu schweigen.
Kurz: die Ukraine produziert so gut wie nichts mehr selbst. Kann sie auch gar nicht, da sie keine Rohstoffe mehr hat, die Industriekapazität zu 80% in Händen der Russen ist, ihr Facharbeiter fehlen und die Verkehrsinfrastruktur nur noch ein zerbombter Flickenteppich ist. Und Strom gibt es auch nicht mehr überall. Hier sei auf die nun dauerhaft vom Netz genommenen Atomkraftwerke verwiesen.
So besitzt die UKR zwar noch tausende von Artilleriesystemen aller Art (Haubitzen, MRW und Mörser) und Kaliber, aber die Munition für alte östliche Waffensysteme fehlt zunehmend. Ergo ist der Großteil der UKR-Artillerie zum bloßen Anschauen da.

BM21 – GRAT Mehrfachraketenwerfer – Hier unterliegt der Treibsatz der Raketen gewissen Haltbarkeitsgrenzen, wie man auch bei den alten der UKR überlassenen NVA-Fliegerfäusten recht spät bemerkte…
Auf der anderen Seite hat der Westen natürlich Waffen geliefert. 120 M777 Haubitzen und ein paar PzH2000 und M109 Paladin mit 155mm-Kaliber.
Dazu ein paar Raketenwerfer, deren Munition leider auch nur im Westen zu bekommen ist.
Jüngst haben die USA ein neues Hilfspaket geschnürt in dem dann auch 245.000 Schuss 155mm-Munition und 65.000 Schuss 120mm-Mörsermunition sind.
Dazu Puma-Drohnen und U24-Batterieabwehrradar sowie Vampire Anti-Drohnenradar als Möglichkeit russische Artillerie aufzuklären und mit Gegenfeuer zu bekämpfen. Oder besser: russische Artillerie am Gegenfeuer zu hindern…
Wir reden hier über ca. 35.000 Tonnen Munition. Das ist leider auch die Menge, die ukrainischen Berichten zu Folge Russland innerhalb von knapp einer Woche verschießt…
Und auch die Menge, die die USA innerhalb von einem Jahr produziert. Ergo ist diese Munition nicht sofort verfügbar, zumal die USA vor ein paar Wochen verlautbaren ließen, dass die UKR innerhalb von Wochen die Jahresproduktion an 155mm verschossen hätte. Das führte dann auch zu Abnutzungen der westlichen Waffen, da sie dafür nie konzipiert wurden. Wir berichten…
Ukraine: westliche Waffen, fehlende Munition und der Endsieg… – Rabenspiegel
Gern verweist unsere fachkundige Presse auf das Verhältnis von Waffensystemen an der Front oder in Abschnitten wo gekämpft wird.
Viel wichtiger ist aber die Menge der Munition, die jeweils zur Verfügung steht. Geschütze ohne Munition zählen da wenig. Und auf Seiten der UKR ist diese Munitionsmenge… begrenzt. Sehr begrenzt.
Auch wenn der Russe nach nun 6 Monaten selbst an Kapazitätsgrenzen kommt, so ist seine Feuerkraft weit jenseits allem, was die UKR noch an Feuer an den Gegner bringen kann.

TOS-1 Raketenwerfer mit thermobarer Munition…
Ukrainekrieg: TOS-1 Sonnenfeuer – der russische Panzer des Schreckens – (nordhessen-journal.de)
Dazu kommt, dass Aufklärungsdrohnen kein Privileg der UKR sind. Auch der Russe hat diese Waffen – gern auch handelsüblich – für sich entdeckt. Alles, was nicht nach oben gegen Aufklärung abgeschirmt ist, auch wärmetechnisch(!), ist innerhalb kurzer Zeit ein Ziel für die russische Artillerie. So haben kurzreichweitige Mörser an der Front nur einen begrenzten Nutzen und eine recht kurze Lebensdauer. Genauso wie nicht gehärtete Vorposten, Feldposten, Gefechtsstände, Versorgungsräume und Depots.
Weiterhin besteht für die UKR eine krasse Benachteiligung in der Versorgung an sich, da Wege und fahrendes Material für den Transport fehlen oder stark eingeschränkt sind.
Eine 155mm-Granate wiegt um die 60kg. Selbst mit „requirierten“ Pkw lassen sich damit nicht viele Schuss transportieren, zumal auch die Treibladungen noch dazu kommen. Selbstverständlich hat der Russe gelernt, dass Zivilfahrzeuge gern Versorgungsfahrzeuge sind. Mitunter auch ein Grund, warum die gern beschossen werden.

Kinzhal – Hypersonic Missile an einer MIG-31; mit diesen mehreren tausend km/h schnellen Abstandswaffen zerstört Russland verbunkerte Depots überall in der UKR. Zum Teil solche, die tief und atombombensicher unterirdisch angelegt wurden.
FAZIT:
Der Westen liefert zwar Waffen und Munition, aber der Umfang ist ein besserer Witz. Reine Augenwischerei. Und selbst wenn er die Mengen liefern würde – oder auch nur könnte(!) – dann gibt es ein Transportproblem zur Front. Die UKR ist nicht mehr in der Lage die Massen an Versorgungsgütern an die Front zu bringen, die da benötigt werden.
Jede Brücke, die sie jubelnd zerstört oder beschädigt, ist eine Brücke weniger für ihre zukünftige Versorgung.
Und anders als im Westen, gibt es in der UKR ein nur sehr rudimentäres Verkehrssystem mit wenig alternativen Parallelrouten. Mitunter auch ein Grund, warum Vorstöße und Offensiven an das Straßennetz gebunden sind.
Das schafft gute Verteidigungsmöglichkeiten, aber leider auch nur sehr begrenzte Optionen für Gegenangriffe oder eigene Offensiven.
Wie die, die seit Wochen im Süden stattfinden soll. Auch hier berichteten wir.
Ukraine: Traumwelten vs. Logik – Rabenspiegel
Wie es scheint ist diese Offensive nun nicht nur beendet, sondern hat sich totgelaufen. So totgelaufen, dass die UKR den Kontakt zum eingegrabenen Russen vermeidet.
Dieser hat daher Anfang der Woche drei Aufklärungsangriffe entlang wichtiger Straßen lanciert. Vermutlich um die Abwehr zu testen sowie Lücken zu finden, aber auch um wieder Fühlung mit dem ausgewichenem Angreifer aufzunehmen, der wieder zur Verteidigung übergegangen ist.
Alle drei Angriffe sollen vom russischen Generalstab als erfolgreich eingestuft worden sein. Der Gegner wurde als unterdurchschnittlich verteidigungsfähig definiert. Eine Einstufung, die am Standard der Truppen vorgenommen wurde, die im Donbass eingesetzt sind.
Gestern zeigen im Westen veröffentlichte Bilder nun Vorstöße russischer Kräfte an der südlichen Cherson-Front. Exakt im Rahmen dessen, wo aufgeklärt wurde.

Symbolbild eines Panzerverbandes, der sich zum Angriff bereit macht.
Wie sich dort russische Angriffsoperationen auf ukrainische Verteidiger auswirken werden, die kaum über eigene Artillerie verfügen und sich über offene Flächen ohne ausreichende gepanzerte Kräfte bewegen müssen, ist kein Geheimnis.
Dazu kommt, dass die an der sog. Südfront eingesetzten Kräfte mit Masse Brigaden der Territorialverteidigung sind. Kaum oder schlecht ausgebildete Freiwillige und Wehrpflichtige, die zum Teil mit alter überzähliger Ausrüstung – also ohne Reflexvisire und Zielfernrohre für Gewehre, ohne Körperpanzerung und ohne Nachtsichtfähigkeit – ins Gefecht geworden wurden.
Gerade auf solche Truppen wirkt Artillerie psychologisch verheerend. Wenig bis gar nicht ausgebildet, schlecht ausgerüstet und unzulänglich versorgt ist der Kampfwert übersichtlich. Lädt die Russen geradezu ein, ihre neue Taktik der „halben Umfassung“ weiter anzuwenden.
Hierbei werden erkannte Stellungsabschnitte der Verteidiger an den Flanken umgangen und angegriffen, ohne sie wirklich umzingeln zu wollen.
Da die Stellungen solcher Einheiten meist nur in eine Richtung zeigen – zum Feind hin – und nach hinten schlecht ausgebaut sind, bleibt nur ein aussichtsloser Kampf oder der Rückzug. Gerade dann, wenn keine mobilen Reserven im Hinterland verfügbar sind und die eigene Versorgungslage vor Ort unzureichend ist.
Dann müssen die Verteidiger weichen. Mitunter über offenes Gelände und am Tag. Eine Einladung für die russische Artillerie…
So schafft es der Russe gerade die ukrainische Front scheibchenweise und mit geringen eigenen Verlusten aufzubrechen.

HIND – Kampfhubschrauber
Ein geleaktes Dokument des UKR-Oberkommandos beziffert die eigenen Verluste seit Anfang Juli auf insgesamt 131014 Personen. Davon 76640 Tote und 42.704 Verwundete…
Ob das so stimmt, oder das Dokument ein russisches Propagandapapier ist, kann so nicht von hier bewertet werden.
Wenn aber die Offensive der UKR mit einer Million Mann – wie die ukrainische Regierung(!) proklamierte – gestartet wurde, dann sind Verluste von minimal 10% in zwei Monaten auch in Anbetracht der Ausbildung der Truppen, ihrer Ausrüstung und der artilleristischen Unterlegenheit bei fehlender Lufthoheit anzunehmen.
Entsprechen dem, was zu erwarten wäre und anderswo schon unter ähnlichen Bedingungen gesehen wurde. Syrien, Irak und Afghanistan zeigen es.
Unter diesen Gesichtspunkten sind all die netten Erfolgsbilder zu sehen, die wir täglich vorgesetzt bekommen.
Unter diesen Prämissen müssen wir die Parolen bewerten, die man aus Kiew hört.
Und unter diesen Voraussetzungen müssen wir langsam einsehen, dass hier sinnlos Menschen verheizt werden.

Das Blut von einem Soldaten im Einsatz…
Die UKR hat mit der gezeigten militärischen Hilfe aus dem Westen, ihrer zerschlagenen oder gänzlich eroberten Industriekapazität, mit Millionen Flüchtlingen im Land, ohne funktionierendes Wegenetz und nun auch ohne Energie KEINE Möglichkeit diesen Krieg noch lange durchzustehen.
Dazu ist die UKR völlig pleite und kann all das nicht mehr bezahlen, was sie auch nur brauchen würde die Bevölkerung zu versorgen. Besonders im aufkommenden Herbst und Winter. Und hier fließen versprochene Hilfsgelder aus dem Westen auch nicht mehr. Es sind nur noch Lippenbekenntnisse, wie Kiew selbst sagt.
Dazu ist die UKR ohne Gas und nun auch ohne Strom.
Ukraine: Das marode Gastransportsystem und der Winter – Rabenspiegel
Und ohne funktionierende und ausreichend nachversorgte Artillerie wird die UKR auch ihre aktuellen Stellungen nicht mehr halten können.
Der Russe wird bis zur Schlammperiode seine Stellungen strategisch optimiert verschieben, sich rechtzeitig(!!) eingraben und den Winter verteidigend abwarten.
Im Frühjahr wird sich dann zeigen, welche Armee und welcher Staat unter solchen Gesichtspunkten besser abschneiden konnte.
Beide Seiten werden ihre Versorgung über den Winter optimierten, Nachschub ranschaffen und neue Truppen ausbilden.
Ob das das Munitionsproblem der ukrainische Artillerie lösen werden wird, darf bezweifelt werden. Denn dazu müsste der Westen alte WP-Kaliber produzieren. Davon ist aber rein gar nichts zu hören!
Ergo wird das Problem bestehen bleiben.
Und ganz nebenbei wird der Westen bis dahin ganz andere Problemchen – neudeutsch Herausforderungen – haben, die dann vordergründig werden. – SIC!

Schafe im Winter…
Daher möchte ich mit der alten geramischen Floskel schließen, die schon immer im Vorfeld des Winters bemüht wurde und zum damaligen Überleben beitrug:
Möge der Winter kurz und mild sein!
Auch noch andere sicherheitspolitische Probleme sind absehbar:
Deutsche Außenpolitik in Not: überall mögliche Kriege in Sicht – Rabenspiegel
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